Nachhaltigkeit

Positive Auswirkungen des Kaffeeanbaus und -handels

Im Vergleich zu zahlreichen wirtschaftlichen Alternativen werden die Auswirkungen des Kaffeeanbaus und -handels in ökologischer und sozialer Hinsicht von der internationalen Kaffee-Organisation ICO als grundsätzlich positiv bezeichnet.

Allerdings erstreckt sich die internationale Wertschöpfungskette auch über Entwicklungs- und Schwellenländer, in denen Probleme wie Kinderarbeit, nicht oder nur schlecht funktionierende staatliche Infrastrukturen oder mangelhafte Arbeits- und Umweltschutzregulierungen existieren.

In den westlichen Industriestaaten ist das Interesse an den Anbaubedingungen von Kaffee in den letzten Jahren gewachsen. Viele Konsumentinnen und Konsumenten achten heute beim Kauf von Produkten bewusst auf Nachhaltigkeits-Aspekte.

Position von Procafé

Die Schweizer Kaffeewirtschaft ist an nachhaltig produzierten Kaffeequalitäten interessiert. Sie begrüsst deshalb alle Massnahmen, welche in den Produktionsgebieten kleinbäuerliche und genossenschaftliche Strukturen fördern. Sie erachtet insbesondere Anstrengungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung als wichtige Massnahmen, um Armut und illegale Arbeitsbedingungen zu vermeiden.

Die Nachhaltigkeit ist ein Thema, das sich auf die ganze Wertschöpfungskette – vom Kaffeepflanzer über den Handel bis zum Konsumenten – bezieht. Nebst Kooperationen mit Organisationen, die den Absatz von nachhaltig produziertem Kaffee fördern, unterstützen namhafte Akteure der Schweizer Kaffeewirtschaft deshalb Nachhaltigkeitsbestrebungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Hinzu kommen die eigenen Initiativen der Unternehmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit.

Bei der Beschaffung des Rohkaffees konzentrieren sich Mitglied-Firmen von Procafé auf Quellen, die sie kennen und deren Produktionsbedingungen den Nachhaltigkeits-Erwartungen der Konsumentinnen und Konsumenten so weit als möglich entsprechen.

Nachhaltigkeitslabels werden als plakativ wirkende Alternative zu Initiativen, Projekten und Aktivitäten, die ohne Label funktionieren, eingesetzt. Sie können im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten positive Effekte haben. Eine alleinige Fokussierung auf Labels wäre aber ungenügend.

Die Vielfalt von Interessengruppen, Massnahmen und Ansätzen im Bereich der Nachhaltigkeit steht für die Komplexität der Herausforderungen. Massnahmen zur Stärkung der ökonomischen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit bedürfen deshalb einer differenzierten Vorgehensweise unter Einbezug aller relevanten staatlichen und privaten Interessengruppen. In jedem Fall sind die Mitglieder von Procafé bestrebt, sich weiterhin für ständige Verbesserungen bei der nachhaltigen Beschaffung von Kaffee zu engagieren.

Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit

Die Nachhaltigkeit weist im Allgemeinen eine wirtschaftliche, eine soziale und eine ökologische Dimension auf:

Wirtschaftliche Nachhaltigkeit beim Kaffee

Rund 70 % des weltweit angebauten Kaffees wird von etwa 25 Millionen Kleinbauern produziert. Diese haben ein Interesse an einem stabilen Markt. Der Preis, den der Bauer für seinen Kaffee erhält, soll dem Anteil seiner Leistung in der Wertschöpfungskette gerecht werden, in jedem Fall aber eine würdige Existenz ermöglichen. Aus Sicht der Abnehmer und Konsumenten steht die Verfügbarkeit einer genügenden Quantität sowie einer hohen und gleichbleibenden Qualität des Kaffees im Vordergrund. Die Preisstabilität ist auch für sie ein wichtiges Anliegen.

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Soziale Nachhaltigkeit beim Kaffee

Der Kaffee schafft in den Anbauländern unzählige Arbeitsplätze und trägt zum Erhalt gemeinschaftlicher Strukturen in ländlichen Gebieten bei. Die sozialen Bedingungen in den Anbaugebieten weisen aber erhebliche länderspezifische Unterschiede auf.

Bei den Arbeitsbedingungen für die im Anbau von Kaffee beschäftigten Personen geht es unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit beispielsweise um die Einhaltung der Normen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO oder um die Nichtgefährdung von Personen beim Einsatz von Hilfsmitteln wie beispielsweise von Pestiziden, wo solche eingesetzt werden.

Eine besondere Herausforderung ist die Kinderarbeit. Grundsätzlich unproblematisch ist die Mithilfe der Kinder im Rahmen der Familie, wie es auch bei uns üblich ist. Entscheidend ist aber, dass die Kinder die Schule besuchen können, genügend Freizeit haben, nicht überanstrengt und nicht gefährdet werden. Klare Vorgaben, die durchgesetzt werden müssen, sind:

  • Die Konventionen der UNO über die Rechte der Kinder
  • Die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)

Vor Allem:

  • Die ILO-Konvention 138 (Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung)
  • Die ILO-Konvention 182 (Verbot und Massnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit)

Ökologische Nachhaltigkeit beim Kaffee

Als immergrüner Strauch leistet die Kaffeepflanze einen Beitrag an den CO2-Abbau. Ebenfalls kann sie zur Stabilisierung von Böden beitragen. Kaffeepflanzen wachsen traditionell unter grossen Schattenbäumen. Dabei bleibt der natürliche Lebensraum erhalten. So können im Rahmen des Kaffeeanbaus Biodiversitäten erhalten werden.

Allerdings gibt es auch negative Effekte. Deren Ausmass hängt vom Ort und von der Art des Kaffeeanbaus sowie von der angebauten Sorte ab. Schädliche Effekte zeigen sich vor allem beim Anbau des Kaffees in Monokulturen. Bei dieser nichttraditionellen Anbauweise erhöht sich tendenziell die Notwendigkeit des Einsatzes von Pestiziden und der Bewässerung. Der Löwenanteil des Kaffees wird allerdings von Kleinbauern in traditioneller Weise angebaut. Ebenfalls einen Einfluss auf das Ausmass der ökologischen Effekte hat die Art der Verarbeitung. So kann es beim in einigen Regionen angewandten Verfahren der «nassen Verarbeitung» (bei welcher das Fruchtfleisch über einen Fermentationsprozess in wassergefüllten Tanks abgelöst wird) zu Wasserverschmutzung kommen.

Förderung der Nachhaltigkeit beim Kaffee

Die Schweiz hat das Internationale Kaffee-Abkommen unterzeichnet

Die Schweiz zählt zu den Unterzeichnern des Internationalen Kaffee-Abkommens. Dieses bildet die Grundlage für die Aktivitäten der Internationalen Kaffeeorganisation (International Coffee Organization, ICO). Diese Organisation ist das Forum für zwischenstaatliche Konsultationen, für die Handelsförderung und für eine nachhaltige Kaffeewirtschaft zu Gunsten aller Stakeholders, insbesondere der Kleinbauern in den Anbaugebieten. Damit ist das Abkommen auch ein Instrument der Entwicklungszusammenarbeit.

Ein wichtiges Ziel des Internationalen Kaffee-Abkommens besteht darin, die Mitgliedstaaten dazu zu bringen, in wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Hinsicht einen nachhaltigen Kaffeesektor zu entwickeln:

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ICO-Aktivitäten in der wirtschaftlichen Dimension

Die ICO unterstützt Anstrengungen zur Verbesserung der Qualität des Kaffees durch Projekte, die Verbesserungen im Bereich des Anbaus, der Pflege, der Verarbeitung, der Lagerung, des Transports und des Marketings bezwecken. Die ICO unterstützt auch Anstrengungen zur Stärkung regionaler Möglichkeiten im Bereich der Zertifizierung und Überprüfung.

ICO-Aktivitäten in der sozialen Dimension

In der sozialen Dimension ist die ICO insbesondere im Bereich des Capacity Building tätig. Darunter fällt der nachhaltige Aufbau von Wissen, Fähigkeiten, Strukturen und Systemen in den Anbaugebieten. Zudem strebt die ICO einen besseren Zugang zu Finanzierungs- und Risikomanagement-Mechanismen an, um die Verletzlichkeit der Kleinbauern mit Blick auf Einkommensschwankungen zu reduzieren. Ein weiteres Aktionsfeld ist die Gleichberechtigung von Frauen.

ICO-Aktivitäten in der ökologischen Dimension

Mit Blick auf die Reduktion des Wasserverbrauchs und die Vermeidung von Wasserverschmutzung unterstützt die ICO im Rahmen von Pilotprojekten Bauern in Afrika und Lateinamerika in der Nutzung von umweltfreundlicheren Technologien.

Aktivitäten

Projekte und Initiativen

Die meisten multinational tätigen Unternehmen haben nebst unternehmensübergreifenden Aktivitäten auch eigene Programme zur Förderung der Nachhaltigkeit lanciert. Die umfassendsten dieser Programme setzen die Nachhaltigkeit als Bestandteil der Unternehmensstrategie mit Massnahmen um, welche entlang der gesamten Wertschöpfungskette ansetzen: Von der Zusammenarbeit mit Kaffeebauern über Optimierungen des Transports des Kaffees bis hin zur Abfallentsorgung. Über internationale Standards, Branchenkodizes oder auch konzernweite Einkaufsrichtlinien setzen sich zudem viele Unternehmen für die Einhaltung hoher Sozial- und Umweltstandards in ihrer gesamten Wertschöpfungskette ein.

Die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten der Unternehmen auf die Zulieferkette sind dabei unterschiedlich und hängen vor allem von der Struktur und Komplexität der Zulieferkette sowie von der Marktposition des Unternehmens ab.

Verschiedene Unternehmen haben die Nachhaltigkeit zum festen Bestandteil ihrer Wertschöpfungskette gemacht, verzichten aber auf das Anbringen von Nachhaltigkeitslabels externer Zertifizierungsorganisationen. Andere Unternehmen arbeiten mit externen Organisationen zusammen. Eine Zusammenstellung solcher externer Organisationen findet sich auf der Website von Procafé.

DIE SWISS SUSTAINABLE COFFEE PLATFORM (SSCP)

Die SSCP ist ein gemeinsames Projekt der Interessengemeinschaft Kaffee Schweiz (IGKS) und des SECO.

Wozu brauchen wir die SSCP?

Derzeit gibt es in der Schweiz für die Kaffee-Wirtschaft kein zentrales Leitbild, um die Nachhaltgkeits-Themen und den gesetzgeberischen Druck entgegenzunehmen.

Dieses Multi-Stakeholder-Leitbild ist die Gelegenheit für

  • Wissens-/Informationsaustausch auf vorwettbewerblicher Basis
  • kleineren Akteuren die Teilnahme und den Zugang zu Informationen zu ermöglichen
  • die Schaffung von Transparenz über privatwirtschaftliche Bemühungen im Nachhaltigkeitsbereich
  • die Konsolidierung von Erkenntnissen und Wissen aus dem Privatsektor, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft
  • die Nutzung und Erfahrungen mit anderen Commodity-Plattformen

Hier das pdf zum Download

Nachhaltigkeitslabels

Sozial- und Ökolabels kommunizieren den Konsumentinnen und Konsumenten, dass ein Produkt unter Einhaltung bestimmter ökologischer, ökonomischer und sozialer Kriterien hergestellt wurde. Die Labels erleichtern den Konsumentinnen und Konsumenten die Wahl und den Anbietern die Kommunikation der Nachhaltigkeit auf dem Markt.

Die wichtigsten Labels im Kaffeebereich

In der Kaffeewirtschaft sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) folgende Nachhaltigkeits-Labels verbreitet:

4C-Zertifizierung

www.4c-services.org

Die 4C-Zertifizierung basiert auf dem 4C-Kodex. Dieser wurde 2003 als Common Code for the Coffee Community in einem Multi-Stakeholder Prozess aus Vertretern des Kaffeesektors aus Produzenten- und Verbraucherländern und der Zivilgesellschaft initiiert und formuliert.

Das daraus entstandene und auf dem 4C Code of Conduct basierende 4C Zertifizierungssystem ist ein führender Nachhaltigkeitsstandard für den gesamten Kaffeesektor. 4C konzentriert sich auf gute landwirtschaftliche Praktiken, einschließlich Anforderungen an die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bedingungen für die Kaffeeproduktion und -verarbeitung, um glaubwürdige, nachhaltige und transparente Lieferketten zu schaffen.

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Die Inklusion von Kleinbäuerinnen und -bauern ist ein wichtiger Bestandteil der 4C-Zertifizierung, die auf kontinuierlicher Verbesserung aufbaut. Die Audits für 4C werden von unabhängigen, geprüften und geschulten Zertifizierungsstellen durchgeführt, um die Transparenz und Glaubwürdigkeit der Zertifizierung zu gewährleisten. Das 4C Portal ermöglicht die Rückverfolgbarkeit des zertifizierten Kaffees entlang der Lieferkette.

Zudem ermöglicht 4C zusätzliche Zertifizierungen für Kaffeeproduzentengruppen, die Treibhausgasemissionen im Anbau reduzieren im Rahmen des 4C Carbon Footprint Add-On, oder die sich tiefergehend für Gleichstellung und Menschenrechte einsetzen mit dem 4C Gender Equality Add-On und 4C Food Security Add-On.

Fairtrade Max Havelaar

www.fairtrademaxhavelaar.ch

Fairtrade Max Havelaar, 1992 gegründet, ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Zürich. In der Schweiz vergibt sie das Fairtrade-Label für Produkte wie Kaffee aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Fairtrade-Kaffee stammt aus mehr als 30 Ländern dieser Regionen und wird dort nach umfassenden sozialen und ökologischen Standards hergestellt und fair gehandelt. Die Einhaltung dieser Standards unterliegt regelmässigen Audits durch die unabhängige Organisation FLOCERT.

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Die fixen Fairtrade-Mindestpreise und die Fairtrade-Prämie ermöglichen den Kleinbäuer:innen und Arbeiter:innen höhere Einkommen und bessere Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus fördert Fairtrade demokratische Organisationsstrukturen und Investitionen in die Kaffeeproduktion und Gemeinschaftsprojekte. Der nachhaltige Anbau nach den Fairtrade-Standards sichert den schonenden Umgang mit den Ressourcen und damit langfristig die Existenzgrundlage der Bäuer:innen.

Fairtrade Max Havelaar ist als Mitglied gemeinsam mit 24 weiteren Fairtrade-Organisationen und drei Produzentennetzwerken der Dachorganisation Fairtrade International angeschlossen.

Rainforest Alliance

www.rainforest-alliance.org

Die Rainforest Alliance ist eine internationale gemeinnützige Organisation, die an der Schnittstelle von Handel, Land- und Forstwirtschaft arbeitet. Das Ziel der Rainforest Alliance ist es, eine bessere Zukunft für Mensch und Natur zu schaffen, in der verantwortungsbewusste Geschäftspraktiken eine Selbstverständlichkeit sind. Gemeinsam mit ihren Partnern schützt die Rainforest Alliance Wälder, verbessert die Lebensbedingungen von land- sowie forstwirtschaftlichen ErzeugerInnen und stärkt ihre Menschenrechte. Dabei werden ErzeugerInnen unterstützt, die Klimakrise entschlossen zu bekämpfen und sich auf ihre Folgen vorzubereiten.

Relativierung von Zertifizierungs-Labels

Der Nutzen von Zertifizierungs-Labels im Zusammenwirken mit anderen Massnahmen ist anerkannt. Dennoch gibt es auch Kritik:

Die Organisation der Bauern in Gemeinschaftsstrukturen (z.B. in Kooperativen) ist eine Voraussetzung für die Zertifizierung. Schätzungen zufolge sind aber nur etwa 10 bis 25 % der Kaffee-Kleinbauern in einer Produzentengruppe organisiert. Somit erreicht die Zertifizierung vor allem die relativ kleine Anzahl an «low hanging fruits», während sie die übrigen Kaffeebauern ausschliesst.
Zuweilen wird auch ein Mangel an Transparenz konstatiert, so beispielsweise zur Wirkung und zum Nutzen der Zertifizierung. Verbesserungspotenzial wird unter anderem in Vergleichen von Zertifizierungsmodellen und Nachhaltigkeits-Initiativen von Unternehmen ohne Zertifizierung gesehen.

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«Leakage-Effekt» (Verlust-Effekt): Ein Teil des im Ursprung zertifizierten Kaffees wird von den Bauern auch als nicht zertifizierte Ware verkauft. Es wird davon ausgegangen, dass nur etwa die Hälfte des Kaffees, der gemäss den Zertifizierungsvorgaben produziert wird, auch als zertifizierter Kaffee verkauft wird. Insbesondere Liquiditätsengpässe können Kaffeebauern dazu veranlassen, zertifizierten Kaffee über konventionelle Kanäle zu verkaufen. Eine weitere sog. «Leakage»-Quelle sind Mehrfach-Zertifizierungen. So kann das Streben nach der Verkleinerung der Abhängigkeit von einem einzelnen Abnehmer Kaffeebauern dazu veranlassen, den Kaffee über verschiedene zertifizierte Kanäle zu verkaufen. Als Folge dieser Leakage-Effekte verlieren Bauern (im Falle des Verkaufs in konventionelle Kanäle) ihre Prämien, obschon sie in die nachhaltigen Landwirtschaftspraktiken sowie in die verlangten Administrativabläufe und Audits investiert haben resp. es fallen bei ihnen (im Falle der Mehrfachzertifizierungen) unnötige Mehrfachkosten an.

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